Das Pokererlebnis ... eines Freundes
Etwas älter, aber unterhaltsam:
Erlebnisbericht Pokerclub Frankfurt oder das Leben kann wirklich schön sein
Wer sucht, der findet. Alles. Auch wer Ärger sucht, der wird ihn finden. Immer und speziell beim Zocken. Dabei hatte der Nachmittag sehr verlockend begonnen. Nur das Ende, abgekämpft und betrogen in einer Spielunke, beim Omaha Pot Limit über Stunden und um 3.000.-€ ärmer. Wer hätte das gedacht?
Aber alles der Reihe nach:
Es sollte ein gemütlicher Samstagabend werden.
Im Osten Frankfurts, dort wo ein Chemieriese sein eigenes Stadtteil kreiert hat und graue baufällige Backsteingebäude von Tristes und Arbeitslosigkeit zeugen. In der Innkneipe „Zappa“, deren Inneneinrichtung schon sehr in die Jahre gekommen ist und von gutem Geschmack der 70er zeugt, sollte ein kleines Sachpreisturnier stattfinden.
Komplett frustriert und „abgeturned“ von meinen 90 Stunden Wochen online im letzten Halbjahr, die sehr mäßig und mit dem Maximalziel „Parie“ verliefen, wollte ich mir eine kleine Auszeit gönnen.
Und denjenigen der Fische, Loser und Psychopathen in die Augen schauen, die mich online Existenz gefährdend vernichteten. Mal wieder das Gefühl für die Leute bekommen und deren Denkweise ergründen und mich selbst zu beruhigen. Passiert mir nämlich Ähnliches auch live, so kann ich beruhigter meiner Arbeit nachgehen: Es wird online nicht betrogen und die Frage „wie kann man das bezahlen?“ wird von Arroganz, Alkoholpegel und stupider Glücksritterei beantwortet.
Drei Tische waren aufgestellt, die Croupiers bereits an den Tischen und die Registrierung im vollen Gange. Das stach sie mir ins Auge: Melissa, kurze Dunkle Haare, enges Top und tiefer Ausschnitt, der die volle Pracht ihrer...Persönlichkeit gekonnt in den Mittelpunkt meines Interesses zog. Sie kam sofort auf mich zu und fragte was ich trinken wolle. Ich bestellte einen Martini und horchte tief in mich hinein: Die unendlich schmerzvollen Monate des erfolglosen Online Pokerns hatten auch sämtliche Triebe unterdrückt. Und hier war sie nun, in ihrer unsagbaren Leichtigkeit, ein Symbol der Lebenslust und ein wirklicher „Wachrüttler“: Ich lebe und die Welt ist schön...
Die Registrierung verlief schnell und reibungslos. Das Ticket in der Tasche begab ich mich an meinen Tisch. Neun weitere Spieler fanden sich schnell ein und das Turnier begann. Peter und Guido, zwei der Mitstreiter hatten schon einen Alkoholspiegel mit einer „zwei“ davor, kaum hatten wir drei Levels gespielt.
Dies war sehr vorteilhaft. Zum einen sah ich mich bekräftigt und beruhigt: wilde Calls, Bets und Raises mit Ax, KJ off, Q10 off usw. waren Standart. Sie sind reell diese Spieler und ich darf mich zurücklehnen.
Zum anderen war Melissa ständig an unserem Tisch, um die wackeren Mitstreiter mit alkoholischem Nachschub zu versorgen. Vielleicht hatte ich auch eine Ankündigung einer unmittelbar bevorstehenden Prohibition überhört, so wie sie tranken…
Melissa schenkte ein und während ich in meine American Airlines reinschaute schupste sie mich leicht an. „Entschuldigung“ sagte sie devot, während ich meine restlichen Chips in die Mitte schob und „all-in“ annoncierte. „Kein Problem“ meinte ich und übersah fast einen kleinen Zettel, den sie mir gekonnt unter meiner Getränkedeckel, verdächtig ermutigend blinzelnd, geschoben hatte.
Kein Wunder, dass ich keinen Ergeiz entwickelte, die Las Vegas – Reise (ohne buy-in und sonstige Infos und Inhalte) zu gewinnen und Peter, jetzt an die dreier Promillegrenze grenzend und im höchsten Lautsprecherpegel und Nirwana sich befindend –aus Versehen- mit 5h6h callte. Beim Showdown meinte er leger, das es eine seiner leichtesten Übungen sei, Asse zu schlagen.
Während ich auf Melissas Zettel lies „Möchtest Du um wirkliches Geld spielen, dann frage den Barmann, alle Spiele, moderates Rake und alle Getränke frei“ kam das Board in Windeseile. AK3 2 4. „Aus Maus“ meinte Peter und fast schon glücklich den Tisch verlassen zu können, gratulierte ich ihm zu seinem hervorragenden Spiel und begab mich an die Bar.
Barmann Zoran hatte schon sicher bessere Tage hinter sich. Sein Sohn war der Sachpreisveranstalter, der den Vater mit in das neue Geschäftsfeld eingeführt hatte. Ich fragte kurz nach und Zoran weihte mich ein:
Zurzeit seien 5 Tische offen: Zwei Tische NLHE 1-2 mit 100 Buy-in, Zwei Tische NLHE 5-10, mit 200 Buy-in und ein Pot Limit Omaha Tisch, 10-20 mit 500€ Buy-in. Letzteres ausgesprochen konnte ich meinen Ohren nicht trauen. Unglaublich, eine Wahnsinnspartie, von der ich nicht zu träumen wagte.
Ich fragte nach wo ich denn hin müsste. Zoran schaute links und rechts und bat mich ihm zu folgen.
Hinter der Bar war ein kleiner, unscheinbarer Vorhang. Hinter dem Vorhang eine Stahltür. Der Barmann klopfte vier Mal und die Tür ging auf. Ein Security Mann, der sicher auch bei der World Wrestling Tour einen guten Stand hätte lies uns vorbei. „Sprengsichere Tür“ meinte Zoran und lachte befriedigt. Hoffentlich nur von Außen, sagte ich in mich hinein, denn das Gefühl hier nicht wieder raus zu kommen war sehr aktuell und beklemmend.
Die engen Stufen nahmen wir schnell nach unten und meine Beklemmtheit wich, als sich der Card Room offenbarte: fein mit weichem, braunen Holz ausgekleidete Räumlichkeit, sieben großzügig platzierte Tische und eine perfekte Lüftung, die den intensiven Rauch kaum spürbar machte. Wie üblich rauchte fast jeder, kleinen Schornsteinen ähnlich zog der rauch wunderbar über die einzelnen Köpfe hinweg nach oben.
Zwei Kellner brachten gerade Schnitzel mit Pommes und Getränke an zwei Gäste. Am Omaha Tisch entstand gerade ein Mega Pot. Drei Spieler waren all-in und nach näherem Hinsehen konnte ich den Pot auf ca. 2.000.-€ schätzen. Gewaltig!
Ein freier Platz und ich besetzte diesen sofort. Ein kurzer Gang ins WC war nötig um meine Kriegskasse diskret zu kontrollieren. Rechte Tasche und lose: 100.-€. In meiner linken Tasche hatte ich 3.000.- € gebunden mit Hilfe meiner silbernen Geldspange. Ich nahm mir 1.000.-€ heraus, für zwei Buy-ins und steckte sie links ein. Sicher ist sicher und beim Nachladen sollte niemand auf böse Gedanken kommen können.
Nachdem ich mich ein wenig frisch gemacht hatte, begab ich mich an den Tisch. Es war schon 21.00h. Bevor ich einsteigen konnte, sah ich eine neue Kellnerin, die gerade frisch ihren Dienst begann. Die Idee kam mir spontan und schon oft hatte ich Erfolg damit. Also bat ich sie kurz zur Seite und fragte sehr direkt nach Melissa. Vera war sofort im Bilde und sagte: „Melissa ist jung und liebt wohlhabende Männer. So einer bist Du sicher, wenn Du am PLO Tisch spielst. Außerdem kenne ich Dich vom „Jacks“ in Sachsenhausen. Du bist ein Pokerspieler, richtig?“ Fassungslos ob meines Bekanntheitsgrades und des schnellen und unkomplizierten Erfolgs bat ich sie, Melissa auszurichten, dass ich ein Zimmer im benachbarten „Hotel zur Post“ nehmen und meine Vorstellung bei 200.-€ liegen würde. Um Punkt Mitternacht würde ich dort auf sie warten. Sie blinzelte schlau und zustimmend und ging ihrer Arbeit nach.
Pokergott was willst Du mehr. Alles organisiert und wie am Schnürchen gelaufen. Drei Stunden noch bis zur verzückten und fiebrig zu erwartenden Session mit Melissa. Und die ersten vier Karten hielt ich bereits in der Hand.
Tight und solide spielte ich sehr abwartend. Meine Gegenspieler waren ein gesellschaftlicher Auszug der Region. Vom langhaarigen Klein-Zuhälter, dem Türkischen Imbiss Besitzer, dem Studenten mit einer online Bankroll im Hintergrund bis hin zum gepflegt angezogenen, gut situierten Geschäftsmann war alles vertreten.
Es war ein Kommen und Gehen an den anderen Tischen. Der versteckte Card Room schien sehr bekannt zu sein. Alle Tische waren voll bespielt und zum Teil waren die Reservierungslisten voll. Aus Mangel an Personal konnten keine weiteren Tische geöffnet werden. Erstaunlich, wie gut und professionell die Dealer arbeiteten. Alles war auf höchstem Niveau und meine Hände waren konstant schlecht und unspektakulär.
Ich fragte einen meiner Nachbarn, wie lange hier schon gespielt wird. Fast ein Jahr schon und es werden immer mehr Spieler. Es sei sicher, angenehm professionell und die Partien gewaltig.
Interessant, wie auch anders zu erwarten, dass hier der Untergrund blüht. Auf der Hinreise aus NRW hatte ich im Radio die ständige Durchsage auf SWR, dass das Landgericht Münster gerade per Eilbeschluss ein Turnier unterbunden und Poker als illegales Glücksspiel deklariert hatte. Wo sollten die Spieler auch sonst hin…
Kurz vor Mitternacht rief ich in das Hotel an und belegte ein Zimmer. In der Zwischenzeit hatte ich unspektakulärer Weise etwa 100.- an Blinds bezahlt und 2-3 kleine Pötte gewonnen. Somit war ich auf meinen Anfangsstand von 500.-€
Ich ging ins Hotel und machte mich frisch. Angespannt und erregt wartete ich auf mein Date. Als es endlich klopfte. Ich öffnete die Tür und begrüßte sie im Dunkeln, da das Licht im Flur gerade ausging, wie ich die Tür aufsperrte: „Hallo Melissa“. Die Antwort: „Nee, ei gude, isch bins die Vera.“. Nun, es gibt viele Sprüche über Frauen, einer gescheiter als der Andere. Wie der Rotwein, je älter desto reifer und mundiger zum Beispiel.
Vera hatte alles im Repertoire und forderte jeden Millimeter meines Körpers. Vera liebte Männer mit Geld und „Optionen“ und gab Alles. Sie empfahl sich selbst weiter. Ich meine kein einziges Wort mit ihr in den zwei Stunden gewechselt zu haben. Die liebliche Vollendung Ihres Rückens war einzigartig, einfach unbeschreiblich. Mitgebrachte Accessoires verblüfften mich, aber nur zu Beginn.
Eine geniale Begegnung, die zufälliger und direkter nicht hätte sein können.
Nach einer ausgiebigen Dusche und einer sehr schnellen aber herzlichen Verabschiedung begab ich mich in das „Zappa“ und lies mich an meinen reservierten Platz bringen. Mein Kapital war unangetastet und vollzählig. Mein Platz nach wie vor reserviert: Hausregeln, bis drei Stunden war dies möglich. Wohl eher für diejenigen die verloren und auf Geldbeschaffung aus waren, um weiter zu machen.
Überdreht und müde schaltete ich noch einen Gang herunter. Tight und aggressiv, wann immer in der Hand.
Nunmehr fünf Uhr morgens, wollte ich aus taktischen Gründen die Öffnungszeiten ausloten: Nicht, dass zugesperrt wird und ich noch aufzuholen habe. Mit erstaunen vernahm ich, dass es nonstop weiter geht…
Es war sieben Uhr morgens, als sich Ali betrunken -und wohl auch mit weiteren Aspekten rausch fördernder Zustände in Verbindung gekommen- zu uns an einen soeben frei gewordenen Platz setzte. Wie es wohl kommen musste und in keinem Casino oder seriösen Card Room möglich, bekam Ali einen Kaffee aufs Haus und sofort 5.000.-€ hingestellt. Der Mann hatte Kredit und im Nachhinein war er eines der Zugpferde und „Der Erhalter des Etablissements“.
Er bekam den Platz links von mir und wies den Dealer sofort auf seinen Intensionen hin: „ Ich spiele automatisch Pot Preflop, Pot im Flop und Pot im Turn. Am River fragst Du mich dann, VERSTANDEN?“
Und es kam noch mehr so wie es kommen musste: Ich konnte alle seine Karten sehen, da er kaum sitzen, geschweige denn vier Karten halten konnte. Der Tisch war voll und ich konnte nicht auf einen Platz zu seiner Linken wechseln, was mir einen taktischen Vorteil bringen würde und da mir seine Annonce zu Beginn nicht ungefährlich erschien.
Ali raiste wie versprochen jede Hand. Als meine Big Hands kamen, waren die Pötte nach meinen Raises Preflop bereits immer so hoch, dass ich nach einem Anspiel meines betrunkenen Gegners im Flop sofort Pot Odds bekam bzw. committed war. Somit nahm alles seinen Lauf und ein 500er folgte dem anderen aus meiner Tasche. Auch die Vorsicht war nun nicht mehr am Zuge, da ich einfach in meine rechte Tasche griff und die Scheine umwechselte. Sollen sie mich doch berauben, bei diesem schlechten Lauf macht das auch nichts.
Kaum zu glauben, selbst mit jedem Blick in seinen Karten, seinem losen Spiel und dem weiter stetig wachsenden Alkoholpegel (wie viel geht denn da noch) traf er alle Hände, die man treffen kann und zerriss mich förmlich. Ich verlor alle Partien und zumeist Backdoor.
Als ich meinen letzten 500er herausnahm passierte das Unfassbare: Ali raiste UTG und ich schaute in die Karten: AA double suited. Als hinter ihm drei Spieler der Reihe nach all-in gingen war es ein Leichtes auch all-in zu gehen. Ali coverte uns alle und war natürlich in der Hand. Ich traf meinen Drilling und nachdem das Board komplett am Tisch lag, öffnete ich meine Karten und annoncierte „Drilling“. Ich schielte zu Alis Hand, der als letzter übrig geblieben war und sah, dass er ein Back Door Flush getroffen hatte. Alle anderen Spieler muckten ihre Karten. Ali taumelte, wackelte am Stuhl und schimpfe auf Türkisch dermaßen, dass ich froh war dass die Sprache kein Pflichtfach war in der Schule. Mein Pari-Pott und er muss es nur übersehen. Und das tat er. Er warf die Hand weg und der Dealer muckte diese. Als plötzlich sein Nachbar zur Linken und nüchterner Landsmann, auf Türkisch etwas zu ihm sagte. Darauf hin schnappte Ali nach dem Muck und filterte mit Hilfe des anderen Türken die Karten fast zehn Minuten lang heraus. Ein Tohuwabohu ging los, als er tatsächlich der Meinung war, dass er den Pot bekommen müsse.
Die weitere Entwicklung sei kurz dargestellt. Ali bekam den Pot. Zwei Türsteher achteten auf jede meiner Bewegungen und ich hatte bereits Spaß gehabt, da Vera auch Handschellen dabei hatte. Somit beließ ich es dabei: Als Stammspieler wurde ihm „Recht“ gesprochen“ und letztlich wusste ich ja was er hatte.
Ich beschloss nicht zum Auto zu gehen und „nachzuladen“, bezahlte und verließ unter Begleitung bis zur Tür das Lokal.
Ich habe Ärger gesucht und habe ihn gefunden. Dabei hatte der Abend so schön begonnen. Aber das ist Deutschland und seine Restriktionen: Die einen Beruf in Verruf bringen, illegale Unternehmungen erst sinnvoll und möglich machen. Und die im Endeffekt das Gegenteil bewirken.
AK